Haiku erleben, schreiben und lesen

Das erste Sonntags-Haiku
im August 2021

Seit einem Jahr habe ich wöchentlich ein besonderes Leseerlebnis: In der Nacht von Samstag auf Sonntag schickt mir Marie-Luise Schulze Frenking ein Haiku, das mich mit seiner Stimmung in den Tag hinein begleitet. Kennengelernt hatten wir beide uns vor gut fünf Jahren bei einem Lebensmutig-Seminar über biografisches Schreiben, seither treffen wir uns in einer kleinen Dreier-Gruppe zum Austausch über Schreib- und andere Projekte.

Heute nun beantwortet Marie-Luise meine Fragen über ihr Erleben mit dem Schreiben ihrer Haiku und lässt uns so teilhaben an ihren Erfahrungen.

Alle hier aufgeführen Haiku wurden von Marie-Luise Schulze Frenking verfasst; ebenso wurden alle Fotos in diesem Beitrag von Marie-Luise Schulze Frenking erstellt.

Marie-Luise, seit wann schreibst du: Geschichten, Gedichte, Haiku?

Seit meinem zehnten Lebensjahr schreibe ich Tagebuch. Meine Mutter gab mir ins Ferienlager ein Schreibheft mit und ich bin ihr bis heute dankbar, dass sie mich zum Schreiben animierte. Gelesen habe ich immer und als Kind wollte ich Schriftstellerin werden. Leider fehlt mir die Phantasie, Geschichten und Dialoge auszudenken.

In unserer Familie waren Comics verpönt, so las ich als Ersatz die gesammelten Werke von Wilhelm Busch. Er inspirierte mich selbst zu reimen: für Familienfeste, Hochzeitszeitungen, Geburtstagskarten oder eine (peinliche) Abiturrede.

Ich schrieb weiter Tagebuch und versuchte mich an verschiedenen Textformen, ohne für mich die passende zu finden. Unter anderem machte ich Wahrnehmungsübungen und notierte nach Spaziergängen alles, was ich unterwegs mit meinen fünf Sinnen aufnehmen konnte. Ich stieß auf ein Lyrikarbeitsbuch von Günter Waldmann, das ich durcharbeiten wollte. Gleich im ersten Kapitel von Waldmanns Buch geht es um das Schreiben von Haiku, das so charakterisiert wird:

Traditionellerweise hat es Naturerscheinungen und -stimmungen zum Gegenstand und behandelt sie oft so, daß sein Gegenstand mehrschichtig erscheint, daß Gegensätze oder daß Allgemeines an ihm sichtbar werden.

Günter Waldmann: „Produktiver Umgang mit Lyrik. Eine systematische Einführung in die Lyrik, ihre produktive Erfahrung und ihr Schreiben“, Schneider Verlag Hohengehren, S. 13.

Es reizte mich zu versuchen, die Sinneseindrücke in reduzierter und sprachlich strenger Form festzuhalten und plötzlich flog mir mein erstes Haiku zu, es war im Urlaub 2018:

grau zieht der Nebel
vom Meer in die Stadt
bringt Seeluft mit sich

Das ist nichts Bewegendes, aber es war ein Anfang, und von da an versuchte ich, Wahrnehmungen um mich herum in das Schema von drei Zeilen mit fünf – sieben – fünf Silben zu fassen.

Was sind Haikus – was kannst du über Haikus erzählen? Und nebenbei: „das Haiku“ oder „der Haiku“?

Beides ist laut Wikipedia richtig, aber ich benutze (wie der Duden) die sächliche Form, also „das Haiku“ und spreche in der Mehrzahl von „den Haiku“, also ohne Plural-s.

Das Haiku ist die kürzeste Gedichtform der Welt und hat sich von Japan aus in den letzten Jahrhunderten weltweit verbreitet. Es umfasst typischerweise drei Zeilen, die in der japanischen Sprache fünf, sieben, fünf Moren enthalten. Moren sind etwas anderes als Silben, aber dieses Schema wurde in den nichtjapanischen Ländern zunächst so übernommen. Haiku reimen sich nicht und es gibt keine Überschrift.

Ich fand über das Internet ein Buch, in dem ich mehr über Haiku erfahren und praktische Anleitung bekommen konnte: Stefan Valentin Müller, „Haiku schreiben, eine kleine Schule“, BoD, Norderstedt. Dieses dünne Arbeitsbüchlein hat mir sehr geholfen, wesentliche Charakteristika zu beachten und bessere Haiku zu schreiben: einfache Sprache, Gegenwärtigkeit, Darstellung eines sinnlich erfahrenen Augenblicks, Jahreszeitenbezug, Ungesagtes, das beim Leser nachhallt. Die Silben- und sogar die Zeilenregeln treten mit der Zeit in den Hintergrund, ebenso lässt sich auch ein Haiku ohne Jahreszeitenbezug, sogar ohne Bezug zur Natur schreiben: „Kurz soll es sein, konkret, offen“ (Müller, S. 49). Müller erwähnt auch das Tanka als Vorläufer des Haiku mit fünf Zeilen und der Richtschnur fünf – sieben – fünf – sieben – sieben Moren bzw. Silben.

Gleich zu Anfang habe ich ein weiteres Buch gelesen, das den Haikudichter Issa im Titel führt: David G. Lanoue, „Schreiben wie Issa – ein Haiku-Ratgeber“, BoD, Norderstedt.

Der japanische Haikudichter Kobayashi Issa lebte von 1763 bis 1828 und war neben den zwei klassischen und berühmten Haikudichtern Basho und Buson ein besonders vom einfachen Volk geliebter Dichter mit einem entbehrungsreichen Leben und einem besonderen Blick darauf. Lanoue sagt von Issa, er schreibe „… konsequent mit so viel Mitgefühl, Einsicht, Humor, Ehrlichkeit und Fantasie, dass meiner Meinung nach niemand anderes besser geeignet ist, anhand seines Beispiels einen Weg des Haiku zu lehren, der auch in unserem 21. Jahrhundert so attraktiv und vielversprechend ist wie einst im achtzehnten und frühen neunzehnten Jahrhundert.“ (Lanoue, S.10). Mir hat dieses Buch den Geist des Haiku nahegebracht.

Gib doch noch mal ein einfaches Beispiel eines deiner ersten Haiku.

Berge geschichtet
in vielen Stufen von Blau
der Blick weitet sich

Wie kamst du dazu, ausgerechnet Haiku zu schreiben was fasziniert dich an Haiku? Warum gerade Haiku?

Haiku fordern mich heraus, in wenigen Worten eine Situation so wiederzugeben, dass nicht nur ich selbst mich später daran erinnere, sondern sich auch ein Leser in die Szene versetzen und nachvollziehen kann, wie dieser Augenblick war – ohne dass ich ihm meine eigenen Gefühle aufdränge. Der Autor tritt hinter das Haiku zurück. Die Leserin soll selbst bei sich fühlen und weiterdenken.

Stefan Müller spricht vom Haiku-Moment: „Haiku halten solche Momente fest, in denen wir berührt werden und die Welt im doppelten Sinn begreifen“ (Müller, S.4). Wenn ich selbst nach langer Zeit meine Haiku lese, weiß ich bei den meisten, wo und in welcher Situation ich sie geschrieben habe. Es ist wie Tagebuchschreiben in konzentrierter Form, das Festhalten des flüchtigen Augenblicks. Das fasziniert mich.

Was veranlasst dich, ein Haiku zu schreiben? Gibt es einen äußeren Anstoß fürs Schreiben?

Es gibt Haiku, die plötzlich ohne bewusste Absicht aus dem Augenblick heraus entstehen. Einmal kam ich nachts heim und beim Aufschließen der Haustür war ein Haiku da:

sternenklare Nacht
in der Luft der erste Frost
und Kranichrufe

Es kommt aber ebenso vor, dass ich etwas gesehen oder erlebt habe und lange daran feile, es in die passende Form zu bringen.

Ein ganzes Jahr lang sind mein Mann und ich mehrmals in der Woche eine Stunde gewalkt und jedes Mal habe ich ein oder mehrere Haiku von unterwegs mitgebracht. Weil ich nicht die begeisterte Sportlerin bin, waren sie oft die Motivation, überhaupt loszugehen. Die dabei entstandenen Haiku haben mir bewusst gemacht, wieviel Schönes es draußen zu entdecken gibt und wie sich die Natur im Laufe des Jahres verändert. Die vergänglichen Momente mit allen Sinnen zu erfahren und sie in einem Haiku aufzubewahren ist seitdem eine Freude und Bereicherung meines Lebens.

Hat sich deine Art, ein Haiku zu schreiben, verändert? Wie?

Von den reinen Naturbeschreibungen habe ich mich etwas entfernt. Stattdessen versuche ich häufiger, Zwischenmenschliches zu erfassen, aber das oft in Bezug zum Erleben der Natur. Ich merke, dass auch dafür das Hinausgehen und konkrete Beobachten notwendig ist. Wenn ich eine entsprechende Situation erlebt habe, kann auch am Schreibtisch in der Rückschau ein Haiku entstehen:

auf dem Schlittenberg
der Vater hinter dem Sohn
ist wieder sieben

Hast du Vorbilder, die dich in deiner Art zu schreiben besonders beeinflusst haben?

Ich habe mir nach und nach Haiku-Anthologien und Jahrbücher beschafft und viele Haiku gelesen. Hier einige der Titel:

  • „Haiku – Japanische Dreizeiler“, ausgewählt und übersetzt von Jan Ulenbrook, Reclamverlag
  • „Japanische Jahreszeiten – Tanka und Haiku aus dreizehn Jahrhunderten“, aus dem Japanischen von Gerolf Coudenhove, Manesse-Verlag
  • „Gäbe es keine Kirschblüten – Tanka aus 1300 Jahren“, ausgewählt, übersetzt und herausgegeben von Yukitsuna Sasaki, Eduard Klopfenstein und Masami Ono-Fellner, Reclamverlag  
  • „Haiku“ – herausgegeben und aus dem Englischen übersetzt von Hans Jürgen Balmes, Fischer TaschenBibliothek     
  • „Haiku hier und heute“, mit einem Nachwort, herausgegeben von Rainer Stolz und Udo Wenzel, dtv  
  • „Gesammelte Augenblicke. Deutschsprachige Haikus der Gegenwart“, herausgegeben von Gerhard Stein, Werner Kristkeitz Verlag 
  • „Haiku-Jahrbücher“, herausgegeben von Volker Friebel, Edition Blaue Felder

Sehr interessant zu studieren sind zwei Bücher, die das Thema analytisch-wissenschaftlich angehen, sämtliche Spielarten des Haiku vorstellen und aus einer Reihe hervorgegangen sind, die über Jahre in der Zeitschrift „Sommergras“ der Deutschen Haiku-Gesellschaft veröffentlicht wurde:

  • Klaus-Dieter Wirth, „Der Ruf des Hototogisu, Grundbausteine des Haiku“, Teil I und II, Allitera Verlag.  


So habe ich zunächst die klassisch-japanischen Haiku gelesen, dann zunehmend moderne deutsche und mich mit verschiedenen Ausdrucksmöglichkeiten vertraut gemacht. Das spiegelt sich in den eigenen Haiku: zuerst ging es um Naturerscheinungen, immer im fünf-sieben-fünf-Schema, dann kamen andere Themen dazu und die Form lockerte sich. Manche meiner Haiku umfassen jetzt nur noch drei oder vier Worte:

endlich
freigetestet
atmen

Wie sieht die „Community“ für Haiku-Schreibende aus: Welche Gruppierungen und Austauschmöglichkeiten gibt es und welche nutzt du?

Zunächst bin ich über das Internet auf die Deutsche Haiku-Gesellschaft gestoßen. Sie gibt vierteljährlich die Zeitschrift „Sommergras“ heraus, die ich abonniert habe. Hier sind Artikel zum Haikuschreiben enthalten, Informationen über Haiku-Dichter, Rezensionen und vieles mehr zum Thema. Dort wird eine Haiku- und Tankaauswahl abgedruckt, zu der man auch als Nicht-Mitglied bis zu drei Haiku und Tanka einsenden kann.

Durch Verweise auf dieser Website habe ich weitere Seiten gefunden, auf denen viele Haiku zu entdecken sind und die gleichzeitig die Möglichkeit geben, eigene Haiku einzusenden.

Am 15. jedes Monats veröffentlicht Volker Friebel eine größere Anzahl Haiku, die er aus jeweils vier- bis fünfhundert Einsendungen auswählt. Dort kann jeder pro Monat bis zu 12 Haiku einreichen. Alle bisher ausgewählten Haiku sind archiviert und können nachgelesen werden bei Haiku heute. Die Seite bietet viele Informationen, Artikel und Hilfestellungen zum Haikuschreiben.

Stefan Wolfschütz pflegt eine Seite mit einem monatlichen Kukai. Das bedeutet, dass man ein Haiku einsendet, das dann von allen Teilnehmern am Monatsende bewertet wird. Dieses Format gibt den Autoren Resonanz, wie das eigene Haiku bei anderen ankommt.

Eine auf Tanka spezialisierte Seite, betreut von Tony Böhle, gibt einmal im Quartal das Internetjournal „einunddreißig“ heraus, auch hier kann man sich beteiligen.

Claudia Brefeld stellt monatlich „Haiga im Focus“ ins Netz – Haiga sind Haiku in Kombination mit Fotos, die aber nicht einfach den Inhalt des Haiku wiederholen, sondern in denen sich Text und Bild gegenseitig ergänzen beziehungsweise in einem Spannungsverhältnis stehen.

Auf den Webpräsenzen lassen sich vorangegangene Auswahlen nachlesen und studieren. Zusätzlich gibt es verschiedene, auch internationale Wettbewerbe und Aufrufe, zu bestimmten Themen Haiku einzusenden.

Was bedeutet es für dich, wenn ein von dir geschriebenes Haiku veröffentlicht wird?

Das ist jedes Mal eine große Freude und Bestätigung und gleichzeitig ein Ansporn. Meine erste Einreichung im Sommer 2021 wurde nicht abgedruckt, aber von der Septemberausgabe 2021 an konnte ich in jeder „Sommergras“ ein oder mehrere Haiku von mir wiederfinden. Dieses machte den Anfang:

Gewitterregen
Blütenblätter, durchsichtig
auf dem Asphalt

Seither sende ich Beiträge auch an die anderen Websites und mittlerweile sind es über fünfzig Haiku, die veröffentlicht wurden. Mein alter Traum vom Bücherschreiben findet neue Nahrung. Aber unabhängig davon empfinde ich es als persönliche Bereicherung, Haiku-Momente zu erleben, sie bewusst wahrzunehmen und sie in Sprache umzusetzen. Ich stelle mir vor, dass das auch im Alter eine schöne und erfüllende Beschäftigung ist.

Was hältst du von der Verbindung von Foto und Haiku: Gibt es bestimmte Bilder, die du fotografierst und die zugleich Anlass für ein Haiku sind?

Es kommt vor, dass ein Bild den Auslöser für ein Haiku darstellt, aber viel mehr wirkt der erlebte Augenblick selbst. Dieses Haiku ist von einem Foto inspiriert, das ich selbst gemacht habe:

bereifte Blüte
vom Frost geknickt
duftet immer noch

Solche Haiku einfach unter das jeweilige auslösende Foto zu setzen, wäre langweilig, oder? Ein Haiga braucht mehr, das habe ich begriffen.

Die Kombination Bild und Haiku, die den speziellen Ausdruck „Haiga“ trägt, ist wie oben erwähnt nicht einfach eine Entsprechung. Ich habe die besondere Beziehung noch nicht wirklich verstanden und taste mich durch Einsenden von Haiku zu dem monatlich vorgestellten Foto von Claudia Brefeld auf ihrer Website an Haiga heran. Dazu ein Beispiel, das illustrieren mag, in welcher Beziehung Bild und Haiku im Haiga stehen. Eines der Fotos von Claudia Brefeld zeigt einen Marienkäfer, der mit dem Teleobjektiv aufgenommen wurde. Dazu habe ich das Haiku geschrieben:

der Weg zum Spielplatz
mit den Augen des Kleinen
ein Abenteuer

Was ist zuerst da: ein Bild, eine Empfindung, ein Gedanke – und dann das Haiku? Oder andersherum: Worte, Haiku – und dann das Bild?

Für mich ist es immer zuerst eine konkrete Situation oder eine Erinnerung, manchmal festgehalten in einem Foto, die ein Haiku auslöst, bzw. ein Gedanke, der sich in einem Haiku niederschlägt. Als Beispiel ein Tanka, veröffentlicht und von Valeria Barouch in „einunddreißig“ 5/2022 besprochen:

die alte Dame
kann mit ihrem Rollator
nur mühsam gehen
doch trägt sie immer noch Rouge
und ein Lächeln im Gesicht

Dieses Bild steht wie ein Foto vor mir: Ich stand in Venedig am Fenster und beobachtete eine gut geschminkte Italienerin in fortgeschrittenem Alter, gestützt auf ihren Rollator, die eine junge Frau neben sich anstrahlte und mit ihr parlierte, charmant trotz ihres Handicaps. Dieses Bild setzte sich gleich um in ein Haiku. Umgekehrt wüsste ich nicht, wie ein Bild aussehen sollte, das diesen Text zu einem Haiga ergänzt. Wie gesagt, davon habe ich noch keine rechte Ahnung.

Welche Fragen fehlen hier – was möchtest du uns noch zum Thema Haikuschreiben sagen?

Das Schreiben von Haiku macht Freude! Wer seine Wahrnehmungsfähigkeit üben will, wer es liebt, mit Sprache zu spielen, wer kreativ sein will, für den oder die ist das Haiku-Dichten eine spannende und gleichzeitig beruhigende Beschäftigung. Und der Stoff geht nie aus.

Auch das Haiku-Lesen genieße ich. Immer wieder habe ich Aha-Erlebnisse, freue mich, wenn jemand einen Moment so eingefangen hat, dass ich mittendrin bin oder sage: Ja genau, so ist es. Es gibt Haiku, bei denen ich lachen muss. Als Ersatz für Beispiele anderer Autoren wieder eins von mir:

die Maus im Bad
bringt mich ganz
aus dem Gleichgewicht

Im Übrigen fällt mir noch ein: Ich habe die Freiheit, Regeln zu befolgen oder es eben nicht zu tun. Es gibt Haiku, die nur aus einer Zeile bestehen. Es gibt Autoren, die generell nur kleinschreiben. Manche benutzen Satzzeichen, ich so gut wie nicht. Andere schreiben den Anfangsbuchstaben jeder Zeile groß, ich lasse sie, außer wenn es sich um Nomen handelt, klein beginnen. Ich kann experimentieren mit der Form und über jedes Thema und jede Begebenheit schreiben, wenn diese einen Haiku-Moment in mir auslösen.

Die Grundregel ist eingangs als Zitat von Stefan Valentin Müller erwähnt: „Kurz soll es sein, konkret, offen“, vieles andere ist dichterische Freiheit.

Mir hat das Haiku – das Erleben, das Schreiben und das Lesen – die Augen geöffnet für das Unscheinbare, Kleine und Wunderbare in der Natur, in meiner Umgebung und im gewöhnlichen Alltag. Ich schaue genauer hin und freue mich an allem, was mir Schönes begegnet. Ebenso kann ich auch Trauriges und Schweres, das ich erlebe, in eigenen Haiku ausdrücken oder in denen anderer Dichter wiederfinden. Hierzu ein letztes Haiku, das in der Maiausgabe von Haiku heute von René Possél besprochen wurde:

Ostermorgen
vor unserem Haus spielen
Irynas Kinder

Auch die Hoffnung hat Platz in drei Zeilen.

Zum Schluss aus Stefan Müllers Arbeitsbuch ein praktischer Tipp für Anfänger:

Der beste Rat zum Haiku-Schreiben heißt: bequeme Schuhe. Gehen, in Feld und Wald, in Allee und Fußgängerzone. Gehen, offenen Auges gehen. Oder im Kopf spazieren. Aus erlebten, aufmerksamen Momenten schöpfen und dies in Haiku-Formen gießen. ((…)) Viele Haiku schreiben, viele lesen.

Stefan Valentin Müller, „Haiku schreiben, eine kleine Schule“, BoD, Norderstedt, S. 43.

Ich wünsche viel Vergnügen und Bereicherung beim Ausprobieren!

Herzlichen Dank, Marie-Luise, für die Haiku, die du uns schenkst, für die Gespräche darüber und für deinen Beitrag, der zum Nachdenken und Schreiben anregt!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.