Liebe K., du hattest mich vor kurzem nach Büchern, die ich gerade lese, gefragt. Hier kommt nun die Liste meiner „Feelgood-Bücher“, der „Asian Healing Books“ aus Japan oder Korea (und ja: ich lese auch Bücher zu anderen Themen).
Was ist das denn: „Asiatische Feelgood-Romane“?
In einer Welt, die oft von Hektik und Stress geprägt ist, bieten asiatische Feelgood-Romane einen willkommenen Rückzugsort. ((..)) auch im deutschsprachigen Raum werden die einfühlsamen Romane, die in Japan oder Korea spielen, immer beliebter. Denn die Geschichten, in denen die kleinen Freuden des Lebens im Mittelpunkt stehen, vermitteln ein Gefühl von Geborgenheit. Und sie spenden Trost in Zeiten der Unsicherheit, indem sie uns daran erinnern, dass das Glück oft in den einfachsten Momenten zu finden ist. (…)“
Hugendubel Digital GmbH & Co. KG
Warum ich ausgerechnet jetzt darüber schreibe? Vor Kurzem sah ich im Internet den Hinweis auf ein demnächst erscheinendes Buch der Feelgood-Reihe, dazu das Angebot, ein Rezensionsexemplar zu bestellen. Ich war neugierig und bat um ein Exemplar, und so kam „Der kleine Laden des Herrn Takarada“ zu mir mit der Aufgabe, darüber eine Buchempfehlung zu schreiben. Wie ich dann festgestellt habe, kann ich über den „kleinen Laden“ nur in Verbindung mit meinen bisher gelesenen Feelgood-Romanen aus Japan und Korea schreiben.
Du weißt schon, liebe K., wo die Bücher in unserem Buchladen ausliegen? Rein in den Laden, geradeaus, am vierten Tisch auf der linken Tischseite liegen sie und warten darauf, entdeckt zu werden. Entdeckt werden? Ja klar, denn immer wieder kommt ein neues Buch hinzu. Wie ein Kind vor einem bunt bestücktem Süßigkeitenregal steht man davor, sieht Bekanntes und entdeckt Neues, nach dem man greifen möchte. Dabei fragt man sich auch: „Ist es nicht immer wieder das Gleiche – was kann denn jetzt noch Neues dazukommen?“
Es scheint fast so, als würden alle diese Bücher nach dem gleichen Muster geschrieben:
Das Muster: Man nehme …
- eine bekannte Großstadt in Japan oder Korea: Tokyo, Kyoto, Seoul, …
oder auch mal ein eher unbekanntes Städtchen, - eine feste „location“ mit entsprechendem „Personal“:
Bibliothek und Bibliothekarin,
Buchhandlung und Buchhändlerin,
24-Stunden-Laden mit Mitarbeiter,
Restaurant mit Vater und Tochter als Koch und Bedienung,
ein Café mit Barista … - immer auch dabei: etwas zu essen oder zu trinken, d.h. sorgfältig zubereiteter Kaffee, spezielle Kekse wie die „Honey Dome Cookies“, besondere Teesorten, u.a. Maishaartee als Ersatz für Alkohol …
- dazu kommen fünf, sieben, zehn ganz unterschiedliche Menschen: Männer, Frauen, jung, alt, Angestellte, Arbeitssuchende, Schauspieler, … Menschen, die zufällig in den Laden kommen oder ihn extra gesucht haben und die dort mit der Bibliothekarin, der Buchhändlerin, dem Koch, dem Ladeninhaber … ins Gespräch kommen: Besondere Gespräche über weit zurückliegende Erinnerungen, über lange mit sich getragene Wünsche, über mögliche Veränderungen der Lebenssituation …
- Meist handeln die Geschichten von alltäglichen Situationen; manche der Geschichten aber haben auch fantastische Elemente, z. B. bei den „Erinnerungsfotografen“ und den „Glückslieferanten“ von Sanaka Hiiragi (aus dem Japanischen, 2023 bzw. 2024; bei Hoffmann und Kampe.
- Kurz: Der Roman scheint aus einzelnen, voneinander losgelösten Episoden zu bestehen. Tatsächlich sind die Episoden (meist) miteinander verwoben, die Person aus der ersten Episode des Romans tritt in einer späteren Episode wieder auf. Und auch der übergreifende Rahmen sorgt dafür, dass die Episoden miteinander in Beziehung stehen.
Tja – wozu also immer wieder das „fast Gleiche“ lesen? Was bringt einen, was bringt mich dazu, immer wieder nach einem neuen Buch dieser Reihe zu greifen, um es zu kaufen oder es aus der Stadtbibliothek auszuleihen? Ist es das: Feelgood-Bücher lesen, um das Bedürfnis zu stillen, dem eingefahrenen Alltag etwas entgegenzusetzen und etwas Neues zu entdecken, etwas Unerwartetes? Einen neuen Blick zu bekommen auf bekannte Situationen, einen Impuls für eine Idee, wie man im eigenen Leben etwas verändern kann – und sei es auch nur die Erkenntnis ist, dass ein schmerzender Blick zurück sich ändern lässt und eine neue Sichtweise zulässt?
Von der Bibliothek bis zum kleinen Laden
Mein erstes Buch der Feelgood-Romane war, wie vermutlich für viele, „Frau Komachi empfiehlt ein Buch“ von Michiko Aoyama; aus dem Japanischen, auf Deutsch 2023 bei Rowohlt Verlag GmbH erschienen. Klar: Wer Bücher liest, liebt und sucht, der muss dieses Buch einfach in die Hand nehmen, allein schon das Cover der gebundenen Ausgabe fühlt sich gut an (in der Zwischenzeit gibt es das Buch auch als Taschenbuch).
Andere Bücher folgten, u.a.:
- „Das Restaurant der verlorenen Rezepte“ von Hisashi Kashiwai (List/Ullstein Buchverlage, aus dem Japanischen; auf Deutsch 2023)
- „Frau Yeoms kleiner Laden der großen Hoffnungen“ von Kim Ho-Yeon (hanserblau/Carl Hanser Literatur- und Sachbuchverlag; aus dem Koreanischen; auf Deutsch 2024)
- „Willkommen in meiner Buchhandlung“ von Hwang Bo-reum (Europa-Verlag; aus dem Koreanischen, 2023)
Und jetzt das Exemplar von Penguin Random House für die Buchbesprechung auf meinem Blog: „Der kleine Laden des Herrn Takarada“ von Kensi Ueda (aus dem Englischen, März 2025, Goldmann/Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH).
Im Schreibwarenladen
Kritisch eingestimmt waren wir, als wir auf dem Vorblatt lasen: „Aus dem Englischen übersetzt …“, und wir uns fragten: „Warum wurde es nicht direkt aus dem Japanischen übersetzt? Wurde da gespart, um den Titel möglichst auf den Markt zu bringen?“ Entsprechend skeptisch war dann das Lesen, als der Text zunächst etwas holprig und die beschriebenen Füller-Modelle von Montblanc nicht korrekt beschrieben zu sein scheinen. Bei der Formulierung „goldgefasste Feder“ fragt sich der Füllfederhalter-Liebhaber, ob das nicht „Goldfeder“ heißen müsste, da die Feder des im Buch genannten Modells nicht „goldeingefasst“, sondern aus 14-karätigem Gold ist. Auch beim Wort „Landmarke“” stutzt man und überlegt, was da wohl im japanischen Original gestanden hatte und ob bei der Übersetzung oder beim Lektorat etwas großzügig gearbeitet wurde.
Unsere Skepsis legte sich aber schnell, je tiefer wir in die Atmosphäre eintauchten und die Menschen kennenlernten, die den Schreibwarenladen des Herrn Takarada betraten. Im Treppenabsatz im oberen Stockwerk sitzend holten sie ihre Erinnerungen hervor und schrieben schließlich aus der Erinnerung heraus den besonderen, längst fälligen Brief an die Großmutter, die Chefin, den Mitschüler … Das Buch war so Anlass für Gespräche über Erinnerungen an erste Schreibversuche mit dem ersten eigenen Schulfüller. Es brachte uns dazu, den alten Füllfederhalter zu suchen und hervorzuholen, Tinte einzufüllen und damit zu schreiben.
Schließlich habe auch ich, wie die Besucher in Herrn Takaradas kleinem Laden, einen besonderer Brief geschrieben. Dafür wurde der Tisch freigeräumt, besonderes Papier gesucht und in der Erinnerung an die Verwandte ganz bewusst ein Brief über die Spuren der Liebe geschrieben (für Kenner auf dem Foto erkennbar: mit einem Pelikanfüller). Und so gab das Buch über den netten Herrn Takarada in seinem kleinen Laden in Tokyo den Impuls zu einer wiederentdeckten Beschäftigung: mit der Hand einen persönlichen Brief zu schreiben und sich dafür die nötige Zeit zu nehmen.

PS: Nicht übergangen darf hier der fast zeitgleich erschienene Band über einen andern Schreibwarenladen: Kaum hatte ich das Buch über Herrn Takarada gelesen, lag auf dem Auslagetisch der Buchhandlung „Hatokos wunderbarer Schreibwarenladen“ von Ito Ogawa (aus dem Japanischen; auf deutsch April 2025; bei Droemer Knaur). Herr Takarada in Ginza/Tokyo und Hatoko in Kamakura ergänzen sich wunderbar, ich empfehle, beide Bücher zu lesen und sich, auf unterschiedliche Weise, zum Schreiben anregen zu lassen.
Übersetzerinnen und Übersetzer
- Sabine Mangold: „Frau Komachi empfiehlt ein Buch“
- Sabine Mangold und Yukiko Luginbühl: „Die Erinnerungsfotografen“
- Sabine Mangold und Yukiko Luginbühl:„Die Glückslieferanten“
- Ekaterina Mikulich: „Das Restaurant der verlorenen Rezepte“
- Jan Henrik Dirks: „Willkommen in meiner Buchhandlung“
- Jan Henrik Dirks: „Frau Yeoms kleiner Laden der großen Hoffnungen“
- Rainer Schmidt: „Der kleine Laden des Herrn Takarada“
- Sabine Mangold: „Hatokos wunderbarer Schreiwarenbladen“

Danke für deine Lese -(und Schreib)Tips. Die Kategorie asiatischer Feelgood-Romane war mir bisher unbekannt, aber „Frau Komachi empfiehlt ein Buch“ ist mir im Buchladen begegnet – ohne dass ich zugegriffen habe. Das von Herrn Takarada hört sich interessant an.
Ich schwöre auch auf Pelikan- Füller, keine mit Goldfeder, sondern die alten roten oder blauen Schulfüller aus den 60ern. Die gibt‘s leider, leider so nicht mehr zu kaufen, sondern nur mit ergonomischem Design und eher dünnem Tintenfluss. Kürzlich habe ich Ersatz gefunden: in der Müller-Drogerie, Marke Online. Auch ohne Herrn Takarada kennengelernt zu haben: Ich schreibe gerne lange Briefe … Aber wenn ein Buch dazu (neu) animiert: wunderbar!