„Großer Hans“ – gastrosophische Reise in das Hamburg der Kindheit

Beim Zubereiten von schwäbischem „Ofenschlupfer“ erzählte mein Liebster immer wieder von einem Gericht aus seiner Jugend, das, wie der Ofenschlupfer, als Resteessen aus trockenen Brötchen hergestellt wurde und für dessen Zubereitung man eine besondere Form benötigte. „Großer Hans“, so hieß dieses norddeutsche Gericht. Es war schön zu erleben, wie er sich am Geburtstag über die Backform freute. Endlich haben wir nun „Großen Hans“ gekocht und dabei über die Erinnerung an Hamburg gesprochen.

Ich erinnere mich …

Ich erinnere mich an die Wohnung meiner Großmutter Gretel. In Hamburg Altona in der Grünebergstraße. Als ich noch ein Kind war, vielleicht seitdem ich zwölf Jahre alt war, fuhr ich in den Sommerferien immer wieder allein von Konstanz mit dem Zug nach Hamburg. Ein Abenteuer, ich fühlte mich schon groß …

Ich erinnere mich an das Essen und das Kochen in der Küche (und auch an den ersten Gin Fizz, von dem meine Oma mich probieren ließ – aber das ist eine andere Geschichte).

Ich erinnere mich besonders an eine der Mahlzeiten: Großer Hans. Ein Brotpudding, praktische Resteverwertung und zugleich ein sehr verführerisches Essen, immer mit Backobstkompott (von dem ich am liebsten die Birnen hatte) und immer gekocht in der alten, angegrauten, etwas verbeulten Form mit dem Deckel, der sich so schlecht schließen und öffnen ließ.

Während der Geruch des köchelnden Kompotts sich in der Küche ausbreitete, kochte der Große Hans klappernd in seiner Form im Wasserbad. Das Öffnen der Form war ein magisches Ritual – und die Freude groß, wenn der Große Hans (jedesmal gelungen) prächtig und unversehrt auf dem Servierteller stand.

Verlockend, beinahe zu schade zum Anschneiden – nur beinahe …

Ich erinnere mich an den Geschmack von Großem Hans mit Backobstkompott. Und daran wie wir am Küchentisch saßen und zusammen gegessen haben.

Die Idee ist klar: alte Brötchen, Milch, Eier, Dörrobst, die Form ins Wasserbad … Doch mit welchem Rezept wollen wir die neue Backform einweihen? Mehrere Kochbücher wurden nach dem Eintrag „Großer Hans“ durchsucht und schließlich die Seite kuechenlatein gefunden, an deren Rezept wir uns orientiert haben.

Für Erwachsene gab es diesmal noch gebratenes Kassler als rezente Ergänzung dazu …

Großer Dank an Frau Grimm von Mein Grimm, über die wir die Form trotz Lockdown per Click & Collect bekommen haben!

Vorsicht: Wer das Musical „Freudiana“ von Eric Woolfson und Alan Parsons kennt, bekommt beim „Großer Hans“-Backen leicht einen Ohrwurm: „Kleiner Hans, kleiner Hans , …

Unser Rezept-Idee

Zutaten

  • ca. 300g altbackene Brötchen, gewürfelt
  • ca. 500 ml Milch
  • 4 Eier
  • 60 g Weichweizengrieß
  • 60 g Butter, flüssig
  • 50 g Zucker
  • 1 Prise Salz
  • abgeriebene Schale von 1/2 Zitrone
  • 1/4 TL Kardamom, im Mörser fein zerstoßen
  • 50 g Rosinen

Zubereitung

  • Brötchenwürfel mit lauwarmer Milch übergießen.
  • Butter und Zucker schaumig rühren, Salz, Zitronenabrieb und Gewürze zufügen.
  • Eier nach und nach unterrühren, danach den Grieß dazugeben.
  • Eingeweichte Brötchenwürfel zu der Butter-Eier-Masse geben und vorsichtig vermischen.
  • Backform mit Butter ausfetten und mit etwas Grieß ausstreuen.
  • Die Butter-Eier-Brötchen-Masse in die Wasserbadform füllen und die Form verschließen.
  • Im Topf ca. 1-1,5 Stunden köcheln lassen.
  • Den Großen Hans auf eine Platte stürzen und mit Fruchtsauce und Kasseler servieren.

5 Gedanken zu „„Großer Hans“ – gastrosophische Reise in das Hamburg der Kindheit

  1. Stefan

    Ein sehr schöner Beitrag – da bekomme ich direkt Lust mal wieder großen Hans zu essen. Morgen Mittag vielleicht?

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  2. Ulrike Westphal

    Wir haben ja auch noch den Ofenkater als Alternative. Meine Großmutter hatte keine Backform sondern garte ihn – wie den Mehlbüddel – im Tuch über Kasseler.

    Wie schön, dass das Rezept Kindheitserinnerungen weckte

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